Volkstrauertag im Zeichen von weltweiten Kriegswirren

Im Anschluss hat Christian Wechslinger (Berchtesgadener Anzeiger) seine Eindrücke
niedergeschrieben:

Die Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 232 gedenken der Toten

Lachte im letzten Jahr noch die Sonne vom Firmament, so war dem Volkstrauertag gestern Regenwetter bei kühlen Temperaturen beschieden. In Anbetracht der angespannten weltweiten Unsicherheitslage gingen der stellvertretende Bataillonskommandeur 232 Oberstleutnant Marcus Sturm und der evangelische Militärpfarrer Volker Wahlenmeier bei ihren Reden auf die Bedrohungslage in Teilen dieser
Welt ein.

Oberstleutnant Marcus Sturm dankte den vielen Anwesenden für ihr Kommen, um den Opfern von Krieg, Gewalt und Terror zu gedenken. Der Volkstrauertag sei kein angenehmer Tag, aber gleichwohl wichtig und bedeutsam, da er dazu auffordere sich mit Kriegen und Gewaltherrschaft auseinanderzusetzen. Man gedenke an diesem Tag der Soldaten und Zivilisten, die durch Kriegshandlungen, Gefangenschaft oder als Vertriebene und Flüchtlinge ihre Leben verloren haben. Noch vor zwei Jahren habe man anlässlich des Volkstrauertages auf die Kriege der Vergangenheit Bezug genommen. Doch umso bestürzender sei derzeit zu sehen, dass sich Despoten und Anhänger extremistischer Ideologien dieser Erinnerung offensichtlich entziehen. Umso schwerer wiege diese Erkenntnis, dass deutsche Staatsbürger und Soldaten vom Krieg in der Ukraine und der Situation im Gazastreifen sowie der unberechenbaren
Sicherheitslage in der Sahelzone betroffen seien. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hielt anlässlich des 80. Jahrestages des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion in Berlin eine bedeutsame Rede, in der er betonte, dass nur der, welcher die Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart lesen könne auch in der Zukunft dazu beitragen könne Kriege zu vermeiden, Gewaltherrschaft ablehnen und ein friedliches Zusammenleben in Freiheit ermögliche. Friede ist nicht selbstverständlich und daher träten die Soldaten des Bataillons derzeit in Mali in der Sahelzone für den Frieden sei. Oberstleutnant Sturm rief in diesem Zusammenhang zur Dialogbereitschaft auf. In Ehrfurcht vor den Toten der Weltkriege und der Opfer von Gewaltherrschaft sowie aller Kriegsopfer und gefallenen Soldaten weltweit legten der stellvertretende Bataillonskommandeur und der Vorsitzende der Gebirgsjägerkameradschaft 232 Gerd Schelble am Löwen einen Kranz nieder. Dazu blies ein Musiker der Bischofswieser Kapelle auf der
Trompete das Lied vom guten Kameraden. Bedeutsame Rede des evangelischen Militärgeistlichen.
Militärpfarrer Volker Wahlenmeier fielen seine Worte anlässlich der Entwicklungen in Israel-Palästina und im zermürbenden Ukraine-Krieg schwerer als sonst. In diesem Zusammenhang erinnerte der Pfarrer an die Worte des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der an Weihnachten 1944 in der Haft wegen seines Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime im Zuchthaus Berlin-Tegel in Anbetracht der nahen Todes Folgendes verfasste: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“. „In diesen unsicheren Zeiten tun mir diese Worte wohl, die von einem Mann in tiefster Gefahr und Not und trotzdem ohne Groll verfasst wurden“, so der Militärpfarrer, der von der Endlichkeit eines jeden sprach. Nachdem viele Menschen Angst vor der Zukunft umgibt, dürfe man sich diese Worte auch
heute zu Eigen machen. Der Geistliche sprach von sich radikalisierenden Religionen, von Volksgruppen, die einander bekriegen und militärischen Führern, die sich im Größenwahn verrannt haben. Es seien Zeiten, in denen das Recht des Stärkeren ausgespielt werde und worunter die Gerechtigkeit leide. Es seien Zeiten, in denen ein fanatischer Mob auf den Straßen in Berlin den Tod von hunderten jüdischen Zivilisten feiert. Dennoch vertraue er auf die guten Mächte Gottes, in denen man frei nach
Bonhoeffer wunderbar geborgen sei, bemerkte der Pfarrer. Der Volkstrauertag mahne wachsam zu sein, um aus den Lehren der Geschichte die gegebene Verfassung zu achten und zu schützen. Dabei
gelte es Partei für die Unterdrückten zu ergreifen sowie den Verfolgten Schutz und den Leidenden Hilfe zu gewähren. Gleichzeitig erinnerte Wahlenmeier an die Menschen, die sich für Versöhnung, Verständigung sowie Frieden stark machten und dafür oft einen hohen Preis bezahlt haben. „Ich glaube zutiefst, dass bei Gott keiner vergessen ist“, betonte der Militärpfarrer und bat die Versammelten gemeinsam das „Vaterunser“ zu sprechen.

Christian Wechslinger
(Foto: Wechslinger u. Schelble)