Im Anschluss hat OTL Helmut Wegscheider (Presseoffizier GebJgBtl 232) seine Eindrücke niedergeschrieben:

Ramsau (hw) – Der 07.07.1970 wird noch lange in Erinnerung bleiben. Damals stürzte ein Bundeswehrhubschrauber im Wimbachgries ab und 12 französische und deutsche Soldaten verloren ihr Leben. Ein Soldat stürzte vorab aus der Maschine und überlebte das Unglück. Nun gab es eine sehr feierliche Gedenkveranstaltung im Wimbachgries am Ort des Geschehens vor dem Gedenkkreuz (errichtet 1971) mit vielen französischen und deutschen Gästen und Abordnungen der Soldaten. Der
Kommandeur der ‚Struber Jager‘ OTL Nolte wies auf die Bedeutung solcher Veranstaltungen hin. „Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, an die zu denken, die im Dienst ums Leben gekommen sind und dabei wollen wir auch weiterhin die Zusammenarbeit mit unseren Freunden und Partnern zu pflegen“.

Vor 55 Jahren ereignete sich das bis dahin schwerste Hubschrauberunglück mit deutschen Soldaten. Eine ‚Bell UH-1D‘ stürzte am Dienstag, den 07.07.1970 bei einer Hochgebirgsübung von deutschen und französischen Soldaten nahe dem Wimbachschloß ab. Dabei kamen acht Franzosen und vier Deutsche ums Leben. Lediglich ein Soldat kam schwer verletzt mit dem Leben davon. Der Kommandeur der ‚Struber Jager‘, Oberstleutnant Marc Nolte, begrüßte die Vertreter des Gebirgsjäger Bataillons 232 aus der Strub, dem 27.Bataillon des Corps Alpine aus Annecy/Frankreich und die vielen Ehrengäste und bat zu Beginn dieser ehrwürdigen und stimmungsvollen Veranstaltung um eine Gedenkminute für den am Wochenende verstorbenen Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 232.

Andacht zum Gedenken
Militärpfarrer Jörg Plümper zelebrierte die Gedenkandacht vor dem Steinaltar, der wunderschön geschmückt wurde. „Das Leben ist derzeit auch im Gebirge in voller Blüte, doch es kann auch schlagartig zu Ende sein“. Mit diesen Worten wies er auf den Unglückstag vor 55 Jahren hin, als der Hubschrauber abstürzte und die Soldaten bei einer Übung so tragisch ums Leben kamen. „Der Blick zurück erhält uns die Erinnerung, doch wir müssen nach vorne schauen, denn das Vergangene können wir nicht mehr ändern. Es werden immer wieder schöne Tage kommen“, zeigte er sich zuversichtlich und genau zu
diesem Zeitpunkt ließen sich die ersten Sonnenstrahlen blicken.

Es gibt für alles eine Zeit
In der Lesung ging Plümper auf die Abschnitte in unserem Leben ein, die uns immer wieder betreffen. Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen, eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz; eine Zeit zum Steinewerfen und eine Zeit zum Steine sammeln, eine Zeit zum Umarmen und eine Zeit, die Umarmung zu lösen, eine Zeit zum Suchen und eine Zeit zum Verlieren, eine Zeit zum Behalten und eine Zeit zum Wegwerfen, eine Zeit zum Zerreißen und eine Zeit zum Zusammennähen, eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden, eine Zeit zum Lieben und eine Zeit zum Hassen, eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden. Die Predigt des Geistlichen bezog sich auf das damalige Unglück. „Zwei Stunden im Leben prägen uns: die Geburt und der Tod. Alles andere kann man oftmals auswählen. Doch es passieren auch Dinge, die man nicht beeinflussen kann“. Dabei zielte er auf den Absturz im Wimbachgries hin. Franzosen und Deutsche, die nicht allzu lange vorher im zweiten Weltkrieg noch am Mont Blanc gegeneinander gekämpft haben, sind vor 55 Jahren zusammengekommen, um eine gemeinsame Übung durchzuführen und starben zusammen. „Heute sind wir zusammengekommen, um das Geschehene aufzuarbeiten. Wir tun es gemeinsam, weil wir uns für das Gute einsetzen und nicht gegenseitig agieren. Der Unfall kann uns dazu ermutigen zusammen zu stehen“, zeigte sich Pfarrer Plümper zuversichtlich.

Deutsche und Franzosen arbeiten zusammen
OTL Nolte zeigte sich erfreut über die große Anteilnahme bei dieser Gedenkfeier, bedauerte jedoch zutiefst das damalige Unglück im Wimbachgries, bei dem die Soldaten beider Länder bei einem Übungsflug ihr Leben verloren. „Sie standen für eine Zusammenarbeit, die erst kurz zuvor begonnen hatte als Beginn einer Freundschaft beider Staaten, die nun ein Eckpunkt eines friedlichen Europas sind. Die Opfer zeigen uns, wie wichtig Verantwortung ist im Sinne von Partnerschaft und Vertrauen beider Nationen und die Werte, die aufrecht erhalten werden müssen“. Der Kommandeur ist überzeugt, dass aus Trauer Hoffnung wächst und durch die Erinnerung Verantwortung entsteht. So soll diese Erinnerung an das Geschehene uns mit Respekt, Freundschaft und Dankbarkeit erfüllen. „Wir werden sie nicht
vergessen!“

Drei besondere Bedeutungen
Der Bataillonskommandeur des 27.Bataillon des Corps Alpine (BCA) aus Frankreich, Oberst Adrien Chantrel, sprach in seiner sehr emotionalen Rede, die er in Deutsch vortrug und nannte dabei drei bedeutende Punkte dieser Zeremonie. Erstens die Gelegenheit, sich zu erinnern und jeden Einzelnen der Verstorbenen nicht zu vergessen und deren Namen in Erinnerung zu behalten. Zweitens ist es eine große Gelegenheit die Partnerschaft und Freundschaft zwischen den beiden Bataillonen zu stärken und weiterhin gemeinsam zu üben inmitten der schönen Berge in Deutschland und Frankreich und drittens trägt die militärische Partnerschaft dazu bei, „das Erbe, das wir von den Vorfahren erhalten haben,
zu wahren und weiter zu stärken“.

Kranzniederlegung am Kreuz
Anschließend legten beide Bataillonskommandeure zusammen mit Gerd Schelble, dem Vorsitzenden der Gebirgsjägerkameradschaft 232 (GJK) am Kreuz einen Kranz nieder und der Trompeter des Gebirgsmusikcorps aus Garmisch-Partenkirchen Max Frischler blies ‚Der gute Kamerad‘, ein Moment , der sehr emotional war! Die Stille neben der Musik war beeindruckend.

Zeitzeugen berichten
Mit vor Ort bei der Gedenkfeier waren auch Zeitzeugen von damals. Franz Lechner, Mitglied der Fahnenabordnung der GJK saß am 07.07.1970 mit deutschen Kameraden schon im Hubschrauber, als der Befehl geändert wurde und die französischen Soldaten als erstes verlegen sollten. Lechner ‚musste‘ wieder aussteigen und feiert seitdem sozusagen seinen ‚zweiten‘ Geburtstag. „Der dort oben wollte mich damals noch nicht haben und so bin ich heute noch dabei“, erzählte er doch ein wenig nachdenklich. Ein weiterer Mann vor Ort war Berti Kastner, Berwachtler und damals Alpinpolizist. „Mein Kollege und ich waren zum Zeitpunkt des Absturzes mit dem Polizeiauto auf Streife in Richtung Hintersee, als wir einen Funkspruch bekamen und ins Wimbachgries fahren sollten. Dort gingen wir zur Unfallstelle und fanden einen schwer verletzten Soldaten etwas abseits“, erzählte Berti Kastner, der auch noch einige Bilder von damals mit dabeihatte. Der Soldat Jean Pierre Guimet, der entweder herausgeschleudert oder selbst gesprungen war, wurde erstversorgt und konnte mit einem eintreffenden Rettungshubschrauber nach München ins Krankenhaus verlegt werden. Er überlebte als einziger den Absturz. Bei der Gedenkfeier mit dabei war auch der damalige Chef der 2.Kp des 27.BCA Oberstleutnant a.D. Michel Putz mit seinem Sohn. Für ihn ist es nach wie vor sehr emotional und er wird dieses Ereignis wohl im Laufe seines Lebens nicht mehr vergessen können. Nach dem offiziellen Teil der Gedenkveranstaltung gab es noch ein Zusammentreffen im Wimbachschloss, wobei viele interessante Gespräche geführt werden konnten, ehe es wieder zurück zum Parkplatz Wimbachbrücke ging.

 

OTL Helmut Wegscheider

Bilder:
von OTL Wegscheider u. Thomas Heintz StFw a.D. vom VdG